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Debatte um Homosexualität in der EmK

Im Februar 2019 stehen auf der außerordentlichen Generalkonferenz Entscheidungen an, die unsere Kirche verändern werden. Dabei ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen, wie die Entscheidungen ausfallen werden. Mit dieser Ausgabe von »unterwegs« informieren wir über die Debatte um Homosexualität in unserer Kirche. Bischöfin i.R. Rosemarie Wenner zeigt auf, warum das höchste Gremium der EmK seit über 40 Jahren mit dieser Frage ringt (Seiten 6 und 7).

Das Thema polarisiert: Manche halten es für undenkbar, dass sich die Kirche Homosexuellen weiter öffnet. Für andere ist gerade dieser Schritt dringend geboten. In dieser Ausgabe wollen wir die Bandbreite der Meinungen in der EmK abbilden. So vertreten zwei Professoren von der Theologischen Hochschule in Reutlingen unterschiedliche Positionen (Seiten 10 und 11). Sie tun das im gegenseitigen Respekt. Auch eine ganze Anzahl an Personen aus unserer Kirche teilen mit, wie sie in dieser Frage denken (Seiten 14 bis 17).

Wir hoffen, dass diese Ausgabe von »unterwegs« bei den Gesprächen in den Gemeinden hilft, sich eine Meinung zu bilden – und trotz aller Unterschiede das Verbindende zu sehen. Eine solche Auseinandersetzung, die in der Liebe bleibt, bringt uns als Kirche weiter. Wir wünschen Ihnen bei der durchaus fordernden Lektüre von »unterwegs« viele Denkanstöße und gute Gesprächshilfen.

Ihr Michael Putzke

»Im Alter meldet sich die Seele«

Bundesarchiv, Bild 183-19000-1661 / CC-BY-SA 3.0

Der Krieg hat sie geprägt. Kinder spielen in Ruinen

Am 1. September vor 79 Jahren begann der Zweite Weltkrieg. Über das Schicksal der Kriegskinder spricht Pastorin Ulrike Burkhardt-Kibitzki.

Frau Burkhardt-Kibitzki, was verbindet die Generation, die den Krieg als Kinder erlebt hat?
Ulrike Burkhardt-Kibitzki: In der Forschung geht man davon aus, dass 30 bis 40 Prozent der Kriegskinder Traumata erlebt haben, davon 10 Prozent sehr schwere. Dazu gehört auch ein großer Mangel an Geborgenheit, den die Kinder erlebten. Die Erwachsenen standen ja stark unter Druck. Die Eltern konnten ihre Kinder nicht richtig binden und schützen. In den ersten Lebensjahren ist die Bindung an die Eltern entscheidend. Aber viele Männer waren im Krieg und die Mütter konnten ihren Kindern oft nicht mehr den nötigen Halt geben.

Haben die Kriegskinder auch bestimmte Fähigkeiten entwickelt?
Ulrike Burkhardt-Kibitzki: Es herrschte bald nach dem Krieg die Stimmung: »Wir werden das schaffen! Wir beißen auf die Zähne. Keine Wehleidigkeit!« Fleiß, Disziplin, Tüchtigkeit; das war das große Credo. Aber die Seele ist bei Vielen zurückgeblieben. Sie meldet sich jetzt im Alter, oft über deren Enkel, die ihre Großeltern fragen: »Wie war das damals?« Da geschieht etwas, was die Generationen verbindet.

Seit fünfzehn Jahren brechen Kriegskinder ihr Schweigen. Warum jetzt?
Ulrike Burkhardt-Kibitzki: Das ist die Zeit, in der die Älteren aus der Generation der Kriegskinder in Ruhestand gegangen sind. Die Kriegskinder sind die 1930er- bis 1945er-Jahrgänge. Ab Mitte der 1990er-Jahre sind diese in Ruhestand gegangen. Da ist etwas hoch gekommen, was viele über Jahrzehnte verdrängt haben. Es durfte ja nicht darüber gesprochen werden. Dazu gab es damals nach dem Krieg keine Möglichkeit der Psychotherapie. Die Menschen haben einfach die Ärmel hochgekrempelt und hart gearbeitet. Sie sind fleißig gewesen und wollten es zu etwas bringen. Materieller Wohlstand hat eine gewisse Geborgenheit gegeben.
Erst als dann die Berufsarbeit weggefallen ist, sind die Erinnerungen wieder hochgekommen. Es hat seitdem zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema gegeben. Das wirkte wie ein Dammbruch und es war eine große Erleichterung für viele Kriegskinder, dass über diese Erfahrungen endlich gesprochen wurde. Man konnte jetzt sagen: »Unter uns Deutschen waren nicht nur Täter; wir waren Kinder, wir waren Opfer.« Das galt bis in die 1990er-Jahre als politisch nicht korrekt. Heute gibt es einen differenzierteren Blick.

Wo kommen die Erfahrungen der Kriegskinder in der Kirche vor?
Ulrike Burkhardt-Kibitzki: Das Thema ist in der Seelsorge wichtig, wenn Menschen sich öffnen und einfach mal erzählen wollen. In der klassischen Seniorenarbeit mit Kaffeetrinken und Nachmittagsprogramm spielt es nicht die große Rolle, weil die Erinnerungen zum Teil unter Verschluss gehalten werden in einer größeren Gruppe. Dann ist es auch eine Mentalitätsfrage, ob Menschen gerne erzählen oder nicht.

Wie kann eine Gemeinde helfen, ins Gespräch zu kommen?
Ulrike Burkhardt-Kibitzki: Der Seniorenkreis kann ein Ort sein, wo Menschen über ihre Kindheit sprechen dürfen. Es braucht dazu aber einen Raum des Vertrauens. Nicht jeder Seniorenkreis ist dafür geeignet. Man muss vertrauensvoll damit umgehen – gerade mit den schweren Erlebnissen. Manche empfinden hier auch eine Grenze: Sie wollen das Schwere, das andere in ihrer Generation erlebt haben, nicht hören, weil es sie zu sehr belastet; weil dann der eigene Schmerz, die eigene Trauer zu stark berührt wird. Das muss man respektieren.

Welche Gelegenheiten gibt es noch?
Ulrike Burkhardt-Kibitzki: Eine gute Möglichkeit ist es, den Seniorenkreis mit der Gruppe vom Kirchlichen Unterricht zusammenzubringen. Da erlebe ich es auch, dass Jugendliche fragen und hören wollen: »Wie habt ihr das damals erlebt?« Erlebte Geschichten zu hören ist immer gut, und die Senioren werden mit ihren Erinnerungen nicht allein gelassen.


Der Autor
Michael Putzke ist der Leitende Redakteur von »unterwegs«, des Magazins der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland. Dieses Interview wurde Ausgabe 2018-18 von »unterwegs« veröffentlicht.

Kontakt: redaktion@emk.de.

Zur Information
Pastorin Ulrike Burkhardt-Kibitzki ist Beauftragte für Seniorenarbeit der Evangelisch-methodistischen Kirche.

https://www.emk-bildung.de/info-seniorenarbeit.html

 

Der Rassismus und die EmK

HawkinBei der Tagung des Bischofsrats der weltweiten EmK hatte ich auch Gelegenheit, mit Erin Hawkins ein Interview über Rassismus in der EmK zu reden. Erin ist Generalsekretärin der »General Commission on Religion and Race«, einer von 13 international tätigen Kommissionen der EmK.

Welche Art von Rassismus gibt es in der EmK?
Erin Hawkins: Wir denken zu wenig darüber nach, was um uns herum in der Gesellschaft geschieht, der wir dienen sollen. Das macht es schwierig, Menschen zu erreichen, die unter Rassismus leiden. Damit kommen wir der Verantwortung, die wir für die Gesellschaft haben, nicht nach. Denn noch immer warten viele Menschen darauf, dass die Kirche sich deutlich gegen Rassismus, gegen Benachteiligung von Flüchtlingen oder zur Not in benachteiligten Städten äußert. Es ist Aufgabe der Kirche, das Evangelium zu allen Menschen zu bringen!

In jüngster Zeit wurden in den USA einige unbewaffnete schwarze Jugendliche von der Polizei erschossen. Ende April kam es in Baltimore deswegen zu gewalttägigen Unruhen. Was bedeutet das für die EmK?
Erin Hawkins: Es gibt derzeit eine breite Protestbewegung, weil sich die Afro-amerikanische Gemeinschaft von Polizei und Justiz drangsaliert fühlt. Die erschossenen Jugendlichen sind da nur die Spitze des alltäglichen Rassismus. Einzelne EmK-Gemeinden unterstützen die friedlichen Protest vor Ort – durch Gebete und Verpflegung, durch Räume für Treffen. Klar ist: Wir müssen unsere Justiz erneuern, damit junge Afro-Amerikaner eine Perspektive für ihr Leben bekommen! Denn die Angst gegenüber dem Staat ist groß und wird dadurch genährt, dass die kaum ein Polizist, der einen unbewaffneten schwarzen Jugendlichen erschossen hat, zur Rechenschaft gezogen wird.

Ist dieser Rassismus ein neues Phänomen?
Erin Hawkins: Afro-Amerikaner wurden schon immer von der Polizei unfairer behandelt. Aber der Rassismus war eher unter der Oberfläche. Seit dem Amtsantritt von Barack Obama kommt er mehr und mehr zum Vorschein – obwohl die dachten, dass gerade diese Wahl ein Zeichen für schwindenden Rassismus sei. Aber das Gegenteil ist der Fall: Afro-Amerikaner werden für das gleiche Vergehen meist härter bestraft als Weiße, sie sitzen häufiger im Gefängnis und werden von der Polizei häufiger ohne Grund kontrolliert. Das facht den Zorn natürlich an!

Dann ist es doch eigentlich gut, dass der Rassismus jetzt öffentlich wird …
Erin Hawkins: Beides: Natürlich ist die Diskriminierung von Afro-Amerikanern genauso schrecklich wie die Unruhen, die es es immer wieder gibt. Auf der anderen Seite können Medien und Politik jetzt nicht mehr so tun, als gäbe es Rassismus nicht und als wären die Schwarzen selbst schuld. das Unrecht ist einfach zu offensichtlich!

Was kann die EmK als multiethnische Kirche weltweit gegen Rassismus tun?
Erin Hawkins: Vor Ort kann die EmK unterschiedliche Menschen willkommen heißen, sie zusammenbringen und mit ihnen die Liebe Christi teilen. Sie kann geschützte Räume zur Verfügung stellen, wo über Diskriminierung, aber auch über die Angst vor Fremden geredet werden kann. Unsere Gemeinden können darüber hinaus ein Beispiel sein für gelingendes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe und Kultur. Gott hat uns alle geschaffen, und zwar gut – so heißt es in der Schöpfungsgeschichte. Wenn wir das nicht in unseren Gemeinden leben, wie können wir dann erwarten, dass wir die Welt verändern? Wir müssen Beispiel sein!

Kirche im Sinkflug?

Tagung der Norddeutschen Jährlichen Konferenz in Berlin-Lankwitz 9. bis 11. April 2015 Eroeffnungsgottesdienst

Ist die NJK bald pleite? So schlimm ist die Lage nicht, aber sie ist ernst. Darauf hat der Schatzmeister der Konferenz, Andreas Kraft, hingewiesen. “Das was wir jetzt machen, ist im Grunde ein Substanzverzehr, den wir versuchen in eine ordentliche Bahn zu lenken“, sagte er bei der Vorstellung des Haushalts am 10. April in Berlin. Ein Problem sei, dass keine Einigkeit über die Gründe der Krise bestehe. Für ihn sei das auch eine geistliche Frage. Doch wenn man das anspreche, gebe es sofort Einwände. “Wir haben uns eine Arbeitsweise angewöhnt, in der wir uns die Verantwortlichkeiten gegenseitig zuzuschieben.” Kraft sieht die EmK im Norden im Sinkflug. Alle sähen es, keiner wisse aber, wie man die Lage verbessern könne. Es gebe auch keine Veränderungsbereitschaft.

Sein Vortrag löste eine lange Debatte aus. Vor allem die Frustration, die aus Krafts Worten sprach, löste Betroffenheit aus. Es sei erschreckend, dass die Finanzen die Arbeit bestimmen, sagte Friederike Meinhold. Dabei sollten die Finanzen die Arbeit ermöglichen und unterstützen. Ihr Fazit: “Die Finanzen sind nicht das Problem, sondern die Inhalte. Die müssen bestimmen, was wir tun!”

Gabriel Straka, designierter Superintendent des Berliner Distrikts, betonte dagegen, der Sinkflug sei in den letzten Jahren deutlich abgefedert worden. Es sei viel erreicht worden und man dürfe die vielen kleinen Schritte nicht gering schätzen. Verschiedene Redner plädierten auch dafür, Gemeinden mehr in die´Verantwortung zu nehmen – auch finanziell. Dagegen forderte Andreas Kraft, den Druck nicht bei den Gemeinden zu erhöhen, sondern bei den Leitungsverantwortlichen. “Wir müssen viel unternehmerischer Denken. Jeder Pastor muss sich zumindest vornehmen, die Einnahmen zu erhöhen.“

Volker Kiemle