Monthly Archives: Februar 2017

Die reine Lust am Feiern

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Roger Wassmuth / Foto: Carolin Merkel

Roger Wassmuth predigt gerne – auf der Kanzel und in der Bütt. Fastnacht und Kirche gehören für den Saarbrücker Methodisten einfach zusammen.

Seit Kindertagen, erinnert sich Roger Wassmuth aus Saarbrücken, liebt er das bunte Fastnachtstreiben.
Spätestens zur Straßenfastnacht machte er sich schon als Kind auf den Weg, um in meist selbstgemachten Kostümen beim Fastnachtsumzug in der Saarbrücker Innenstadt mitzufeiern. In seiner Familie, erzählt er, sei das nicht überall auf Gegenliebe gestoßen.
Doch er hat sich diese Lust am Feiern in der närrischen Jahreszeit bis heute nicht nehmen lassen. »Für mich gab es nie einen Spagat zwischen meinem Glauben und der Fastnacht«, betont der aktive Methodist.
Während Wassmuths Mutter katholisch ist, bekam er vom Vater den methodistischen Glauben in die Wiege gelegt – und hat, wie er betont, bis heute keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, sich gegen die EmK zu entscheiden, auch wenn dort das Feiern von Fastnacht nicht von allen gerne gesehen wird. In seiner Jugend, sagt er, musste er schon manchmal einiges richtig stellen, »aber angefeindet worden bin ich wegen meines Glaubens nie«.
Wassmuth steht, das zeigt ein Gespräch mit ihm, mit beiden Beinen fest auf dem Boden, ist authentisch, lässt sich die Fastnacht nicht verbieten. »Ich kann für mich keine Stelle in der Bibel finden, in der die Fastnacht verboten würde«, sagt er. Die Bibel ist ein treuer Begleiter des 55 Jahre alten Ingenieurs, Arbeitgeber von zehn Mitarbeitern. Im Jahr 1992 hat Wassmuth den Laienpredigerdienst in Saarbrücken übernommen und predigt dort alle 14 Tage. »Die Vorbereitung darauf gibt mir sehr viel«, sagt er. »Wenn ich mich mit kirchlichen Texten beschäftige, bli-Die reine Lust am Feiern Roger Wassmuth predigt gerne – auf der Kanzel und in der Bütt. Fastnacht und Kirche gehören für den Saarbrücker Methodisten einfach zusammen. »Es ist wie ein Eintauchen in eine andere Welt, das den Kopf wieder frei macht.«

So, wie er bei den Bibelstudien einen anderen Blick auf sich und seine Umgebung wirft, so ist es sich auch bei seiner ehrenamtlichen Arbeit als Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft Ri-Ra-Rutsch in Schwalbach-Griesborn. Schon früh hat er die Sitzungen besucht, half seit 2003 im Vorstand und hat schließlich den Vorsitz des Vereins übernommen. Und er ist stolz, Präsident von 250 Mitgliedern, darunter 150 Kinder und Jugendliche zu sein. Die Arbeit beschränke sich längst nicht auf die Zeit zwischen Saisoneröffnung und Aschermittwoch. Vielmehr fordert der Verein das ganze Jahr über den Vorsitzenden, im vergangenen Jahr war die KG Ri-Ra-Rutsch mit 17 Veranstaltungen aktiv. »Klar, in den Wochen vor Fastnacht häuft es sich, neben unserer Sitzung sind wir auf Veranstaltungen befreundeter Vereine mit dabei, dazu kommen die Umzüge«, sagt er.
Dann, wenn es erst gegen vier Uhr früh ins Bett geht, verrät er, lässt er am Sonntagmorgen auch mal den Gottesdienst ausfallen.
Aktuell ist er wieder mit seinen Vereinskollegen als »Karl« unterwegs, auch allein hat er schon oft die Bütt gerockt.
Ein Spagat zwischen Glauben und Karneval sieht er allenfalls zeitlicher Art.
»Denn neben Karneval und Kirche wartet auch ein anstrengender Berufsalltag als Selbstständiger auf mich«, sagt Wassmuth. »Doch noch fühle ich mich fit, all das zu stemmen.« Carolin Merkel

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Trump als Chance für die EmK?

Ein Kommentar von Volker Kiemle

Die Welt schaut ungläubig nach Amerika. Schon in der ersten Amtswoche hat der neue US-Präsident eine Reihe Dekrete erlassen, die die Welt grundlegend verändert haben: Er hat Handelsverträge gekündigt, Bürger zahlreicher Nahost-Staaten mit einem Einreiseverbot belegt und den Bau einer Mauer zu Mexiko angeordnet. Er hat die EU beschimpft, renommierte Journalisten als Lügner bezeichnet und Kritiker per Twitter  diskrediert. Weder im Wahlkampf noch nach seiner Amtseinführung zeigt Donald Trump die Souveränität, hat, die man vom Inhaber dieses Amtes erwarten darf.
Auch viele Glieder der US-amerikanischen EmK sind verunsichert. Denn Trump stellt bisher für selbstverständlich erachtete demokratische und kulturelle Errungenschaften offen in Frage: Pressefreiheit, Anerkennung staatlicher Institutionen wie Geheimdienste, Gerichte und Ministerien, Schutz von Minderheiten, Freizügigkeit und sogar die den US-Bürgern heilige Meinungsfreiheit. Das ist so erschreckend, dass die EmK in den USA für den Abend der Amtseinführung am 20. Januar ihre Glieder dazu aufgerufen hat, sich in Hauskreisen zu versammeln und über ihre gemeinsame Basis zu reden: Der Glaube an einen Gott und das wesleyanische Erbe. In den Gesprächen sollten die Herausforderungen für die Gemeinden und die ganze Nation thematisiert werden, die Trumps Präsidentschaft mit sich bringen wird.
Diesen Aufruf kann man deuten als Appell zum Zusammenrücken angesichts einer unheimlichen, nicht einzuschätzenden Bedrohung. Und vielleicht ist genau das die Chance für eine neue Einheit in der EmK. Denn spätestens bei der Generalkonferenz im vergangenen Mai ist deutlich geworden, wie tief gespalten die Kirche in der Frage der Homosexualität ist. Der Riss, der durch die US-amerikanische EmK geht, bedroht inzwischen auch die weltweite EmK so sehr, dass für 2019 eine außerordentliche Generalkonferenz nur zu diesem Thema anberaumt ist. Abgesehen von den tiefen Verletzungen kostet diese Debatte Kraft und Geld – Ressourcen, die für die Lösung wirklich dringender Probleme wie wachsende soziale Ungleichheit, Armut, Kriege, Flüchtlingswellen, Klimawandel und Krankheiten gebraucht werden. Und wer weiß: Vielleicht muss sich die EmK bald deutlich für den Schutz von Homosexuellen in den USA einsetzen.