Trump als Chance für die EmK?

Ein Kommentar von Volker Kiemle

Die Welt schaut ungläubig nach Amerika. Schon in der ersten Amtswoche hat der neue US-Präsident eine Reihe Dekrete erlassen, die die Welt grundlegend verändert haben: Er hat Handelsverträge gekündigt, Bürger zahlreicher Nahost-Staaten mit einem Einreiseverbot belegt und den Bau einer Mauer zu Mexiko angeordnet. Er hat die EU beschimpft, renommierte Journalisten als Lügner bezeichnet und Kritiker per Twitter  diskrediert. Weder im Wahlkampf noch nach seiner Amtseinführung zeigt Donald Trump die Souveränität, hat, die man vom Inhaber dieses Amtes erwarten darf.
Auch viele Glieder der US-amerikanischen EmK sind verunsichert. Denn Trump stellt bisher für selbstverständlich erachtete demokratische und kulturelle Errungenschaften offen in Frage: Pressefreiheit, Anerkennung staatlicher Institutionen wie Geheimdienste, Gerichte und Ministerien, Schutz von Minderheiten, Freizügigkeit und sogar die den US-Bürgern heilige Meinungsfreiheit. Das ist so erschreckend, dass die EmK in den USA für den Abend der Amtseinführung am 20. Januar ihre Glieder dazu aufgerufen hat, sich in Hauskreisen zu versammeln und über ihre gemeinsame Basis zu reden: Der Glaube an einen Gott und das wesleyanische Erbe. In den Gesprächen sollten die Herausforderungen für die Gemeinden und die ganze Nation thematisiert werden, die Trumps Präsidentschaft mit sich bringen wird.
Diesen Aufruf kann man deuten als Appell zum Zusammenrücken angesichts einer unheimlichen, nicht einzuschätzenden Bedrohung. Und vielleicht ist genau das die Chance für eine neue Einheit in der EmK. Denn spätestens bei der Generalkonferenz im vergangenen Mai ist deutlich geworden, wie tief gespalten die Kirche in der Frage der Homosexualität ist. Der Riss, der durch die US-amerikanische EmK geht, bedroht inzwischen auch die weltweite EmK so sehr, dass für 2019 eine außerordentliche Generalkonferenz nur zu diesem Thema anberaumt ist. Abgesehen von den tiefen Verletzungen kostet diese Debatte Kraft und Geld – Ressourcen, die für die Lösung wirklich dringender Probleme wie wachsende soziale Ungleichheit, Armut, Kriege, Flüchtlingswellen, Klimawandel und Krankheiten gebraucht werden. Und wer weiß: Vielleicht muss sich die EmK bald deutlich für den Schutz von Homosexuellen in den USA einsetzen.

One thought on “Trump als Chance für die EmK?

  1. Theo Leonhardt

    Den Artikel finde ich ausgezeichnet. Bedenkenswert vor allem in den angesprochenen Konsequenzen. Die UMC verbraucht Kraft und Geld auf Feldern, die von der Forschung her und gesellschaftlich längst entschieden sind. Die Thematik „Homosexualität“ ist eines „Risses“ nicht würdig. Sie ähnelt dem der Urkirche in der Frage „Götzenopferfleisch“, Römer 14-15. Der Rat des Apostels möge uns helfen.

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