Monthly Archives: Juni 2017

Weg von den Denkbarrieren!

Februar: Ich habe eine Woche Urlaub. Ich bleibe lang im Bett, lasse nach dem Frühstück ewig die Schlafklamotten an und gammle ein bisschen durch den Tag. Die BibelAndacht lasse ich ein gutes Buch sein und auch beim Gebet sage ich mir: »Nö, ich hab Urlaub.« Ich geh am Schreibtisch vorbei und blättere meinen Aufstellkalender um. Und was steht da: Urlaub ist die beste Zeit um Gott zu begegnen. »Gott hat Humor«, denke ich und ziehe mich um für einen Gebetsspaziergang.
Seither ist mir dieser Satz im Gedächtnis geblieben: Urlaub ist die beste Zeit um Gott zu begegnen. Und wirklich: Ich lese am Strand ein gutes Buch, der Mann auf dem Handtuch neben mir spricht mich darauf an, und wir reden eine gute Stunde leidenschaftlich über unseren Glauben. Beim Bergwandern erkenne ich in den Bildern der Natur Gottes Handschrift und bin tief beschenkt und inspiriert.
Auf dem Campingplatz werde ich von den Nachbarn zum Barbecue eingeladen, und wir reden bis tief in die Nacht – trotz Sprachbarriere – über Schicksalsschläge und Glaubenszweifel. Ausgerechnet auf Mallorca fotografiere ich dieses inspirierende Bauwerk, das auf dem Bild zu sehen ist. Ich setze mich davor und lasse meine Gedanken fliegen. Was ich da sehe, scheint mir ein Sinnbild zu sein für das, was Jesus vermitteln wollte: Unser Gottesbild und unsere Glaubenspraxis gehören regelmäßig auf den Kopf gestellt.
Ich habe Denkbarrieren in meinem Kopf. Die habe ich mir im Laufe meines Lebens angeeignet, als Kind hatte ich die nicht; Denkbarrieren aufgrund meiner Herkunft, meiner Erziehung, meinen Lebenserfahrungen und aufgrund meiner Interessen. Meine Denkbegrenzungen gehen Hand in Hand mit meinen Interessen. »Monika first« – Ich will haben.
Ich will dürfen. Ich will mein Recht. Und das bestimmt mein Denken. So funktioniert auch die Welt: Sie hat ihre Interessen, und die bestimmen, was möglich ist. Und letztlich wird auch die Religion immer wieder in den Dienst unterschiedlichster Interessen gestellt:
Bequemlichkeit, Macht, Geld, Angst, Status.
Ich sehe diese Kirche auf dem Kopf und denke an die Bergpredigt. Jesus hat die geltende Interessenlage völlig ins Gegenteil verkehrt. Jesus konnte Glauben denken ohne eigene Interessen – weil er Gott nahe war wie kein anderer. Und er hat zu seinen Freunden gesagt: »Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge:
Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein« (Matthäus 17,20). Ich denke, das ist eine Metapher: Es geht nicht darum, Felsbrocken durch die Luft zu schleudern – es geht um den sprichwörtlichen Glauben, der Berge versetzt, der etwas bewegt, der alles verändert.
Denkbarrieren abbauen bedeutet, meine Interessen loszulassen. Und erst, wenn wir die loslassen, kriegen wir Bewegung in unsere Phantasie. Tja, meine Interessen loslassen – hört sich irgendwie nach Verlieren an. Ja, ein bisschen schon. Es heißt in gewisser Weise, sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Wir Anhänger von Jesus von Nazareth sind aufgefordert, die Kirche auf den Kopf zu stellen. Man muss den Kopf über uns schütteln, sonst machen wir was falsch. Methodist, das war ein Spottname – in England hat man den Kopf über diesen Verein geschüttelt – weil die Methodisten Denkbarrieren abgebaut und Interessen losgelassen haben.
Über Reformer wird man sich immer ärgern. Und über Methodisten sollte man immer den Kopf schütteln.
Jesus hat mit der Bergpredigt und mit seinem ganzen Leben die Welt auf den Kopf gestellt. Wir sollten’s ihm nachmachen. Die Kirche auf den Kopf stellen und draufklopfen, so dass alles Alte aus den Hosentaschen fliegt – Übrig soll die Liebe bleiben und die Phantasie, wie man diese Liebe unter die Menschen bringen kann.       Monika Brenner

Glücklich zu preisen sind die, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Matthäus 5,3Titel für Beitrag eingeben

 

Foto: Monika Brenner

Sterbehilfe und die göttliche Freiheit

Dürfen Christen Sterbehilfe leisten? Um diese und andere Themen ging es beim »Forum sozialdiakonische Ethik« der EmK in Nürnberg. Unter dem Titel »Hilfe beim Sterben – Hilfe zum Sterben « erhielten die Teilnehmer praktische und konkrete Ratschläge. Dafür sorgten fünf Fachreferenten, die am Vormittag jeweils einen kurzen Vortrag hielten und am Nachmittag in einer Podiumsdiskussion Rede und Antwort standen.

Rund 50 Interessierte trafen sich mit den Mitgliedern des Forums und den Referenten und erlebten, dass die Vorträge zu einem so ernsten Thema auch sehr launig sein können und dass die Zuhörer auch miteinander lachen konnten.
Heike Linder, Palliativ-Fachkraft aus Stuttgart, eröffnete den Reigen. Sie machte deutlich, dass das Erleben einer Situation als so unerträglich, dass man nicht mehr weiterleben möchte, von jedem einzelnen Menschen sehr unter-Foto: UMNS schiedlich erfolgt. Dies schilderte sie eindrücklich an drei Beispielen.
Jürgen M. Bauer, Professor für Geriatrie in Heidelberg, nahm in seinem Referat die Beispiele auf und machte unter anderem deutlich, dass eine verantwortungsvolle Medizin sinnlose Therapien im Alter unbedingt vermeiden sollte.
Thomas Gutmann, Professor für Medizinrecht aus Münster, konnte ebenfalls an den genannten Beispielen vielen Zuhörern unter anderem die Sorge nehmen, dass sie, nur weil sie den Patientenwunsch erfüllen, bereits mit einem Bein im Gefängnis stehen.
Der Nürnberger Psychologe Frank Erbguth erläuterte den Begriff Hirntod und konnte der Zuhörerschaft sehr deutlich klar machen, dass ein Mensch ohne Hirnfunktion wirklich tot ist. Das größere Problem dabei seien meist die Angehörigen, die dies nicht akzeptieren wollten. Pastorin Birgit Fahnert, leitende Seelsorgerin in Berlin, konnte das in ihrem Fachreferat bestätigen und wies darauf hin, dass die Angehörigen viel Zeit brauchen, um den eintretenden Tod zu begreifen und anzunehmen.
Im theologischen Referat von Lothar Elsner, dem Theologischen Geschäftsführer der Bethanien Diakonissen-Stiftung, wurde deutlich, dass das Gebot »Du sollst nicht töten« für Christen uneingeschränkt gilt. Dennoch darf jeder Mensch es mit sich und seinem Gott alleine ausmachen, ob er das ihm von Gott geschenkte Leben lebt oder es beendet.
Die von Norbert Böhringer, Mitglied des Forums, geleitete Podiumsdiskussion, bei der zuerst Fragen des Publikums beantwortet wurden, war sehr lebhaft und zeigte noch einmal deutlich, wie gut sich die Referenten aufeinander eingestellt hatten und wie abgerundet die gesamte Thematik dargestellt wurde.
Als Fazit konnte jeder Besucher u.a. mitnehmen: Der Patientenwille steht an erster Stelle, darum ist es ganz wichtig, diesen frühzeitig zu formulieren. Außerdem ist es sehr wichtig, mehr über den Tod zu reden, besonders auch mit nahen Angehörigen.

Wilfried Röcker