Februar: Ich habe eine Woche Urlaub. Ich bleibe lang im Bett, lasse nach dem Frühstück ewig die Schlafklamotten an und gammle ein bisschen durch den Tag. Die Bibel lasse ich ein gutes Buch sein und auch beim Gebet sage ich mir: »Nö, ich hab Urlaub.« Ich geh am Schreibtisch vorbei und blättere meinen Aufstellkalender um. Und was steht da: Urlaub ist die beste Zeit um Gott zu begegnen. »Gott hat Humor«, denke ich und ziehe mich um für einen Gebetsspaziergang.
Seither ist mir dieser Satz im Gedächtnis geblieben: Urlaub ist die beste Zeit um Gott zu begegnen. Und wirklich: Ich lese am Strand ein gutes Buch, der Mann auf dem Handtuch neben mir spricht mich darauf an, und wir reden eine gute Stunde leidenschaftlich über unseren Glauben. Beim Bergwandern erkenne ich in den Bildern der Natur Gottes Handschrift und bin tief beschenkt und inspiriert.
Auf dem Campingplatz werde ich von den Nachbarn zum Barbecue eingeladen, und wir reden bis tief in die Nacht – trotz Sprachbarriere – über Schicksalsschläge und Glaubenszweifel. Ausgerechnet auf Mallorca fotografiere ich dieses inspirierende Bauwerk, das auf dem Bild zu sehen ist. Ich setze mich davor und lasse meine Gedanken fliegen. Was ich da sehe, scheint mir ein Sinnbild zu sein für das, was Jesus vermitteln wollte: Unser Gottesbild und unsere Glaubenspraxis gehören regelmäßig auf den Kopf gestellt.
Ich habe Denkbarrieren in meinem Kopf. Die habe ich mir im Laufe meines Lebens angeeignet, als Kind hatte ich die nicht; Denkbarrieren aufgrund meiner Herkunft, meiner Erziehung, meinen Lebenserfahrungen und aufgrund meiner Interessen. Meine Denkbegrenzungen gehen Hand in Hand mit meinen Interessen. »Monika first« – Ich will haben.
Ich will dürfen. Ich will mein Recht. Und das bestimmt mein Denken. So funktioniert auch die Welt: Sie hat ihre Interessen, und die bestimmen, was möglich ist. Und letztlich wird auch die Religion immer wieder in den Dienst unterschiedlichster Interessen gestellt:
Bequemlichkeit, Macht, Geld, Angst, Status.
Ich sehe diese Kirche auf dem Kopf und denke an die Bergpredigt. Jesus hat die geltende Interessenlage völlig ins Gegenteil verkehrt. Jesus konnte Glauben denken ohne eigene Interessen – weil er Gott nahe war wie kein anderer. Und er hat zu seinen Freunden gesagt: »Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge:
Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein« (Matthäus 17,20). Ich denke, das ist eine Metapher: Es geht nicht darum, Felsbrocken durch die Luft zu schleudern – es geht um den sprichwörtlichen Glauben, der Berge versetzt, der etwas bewegt, der alles verändert.
Denkbarrieren abbauen bedeutet, meine Interessen loszulassen. Und erst, wenn wir die loslassen, kriegen wir Bewegung in unsere Phantasie. Tja, meine Interessen loslassen – hört sich irgendwie nach Verlieren an. Ja, ein bisschen schon. Es heißt in gewisser Weise, sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Wir Anhänger von Jesus von Nazareth sind aufgefordert, die Kirche auf den Kopf zu stellen. Man muss den Kopf über uns schütteln, sonst machen wir was falsch. Methodist, das war ein Spottname – in England hat man den Kopf über diesen Verein geschüttelt – weil die Methodisten Denkbarrieren abgebaut und Interessen losgelassen haben.
Über Reformer wird man sich immer ärgern. Und über Methodisten sollte man immer den Kopf schütteln.
Jesus hat mit der Bergpredigt und mit seinem ganzen Leben die Welt auf den Kopf gestellt. Wir sollten’s ihm nachmachen. Die Kirche auf den Kopf stellen und draufklopfen, so dass alles Alte aus den Hosentaschen fliegt – Übrig soll die Liebe bleiben und die Phantasie, wie man diese Liebe unter die Menschen bringen kann. Monika Brenner
Glücklich zu preisen sind die, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Matthäus 5,3Titel für Beitrag eingeben
Foto: Monika Brenner